Historischer Tag für Forst: Nach 46 Jahren kehrt die letzte noch erhaltene Lok der Forster Stadteisenbahn, im Volksmund liebevoll „Schwarze Jule“ genannt, zurück in ihre Heimat.
Durch Umstrukturierungen im Verkehrsmuseum Dresden (VMD) war im neuen Ausstellungskonzept kein Platz mehr für die „Jule“. So kam es zu einer Leihgabe des VMD für die Stadt Forst, zunächst befristet auf 15 Jahre mit einer Option auf Dauerleihgabe. Eigentümer bleibt das Verkehrsmuseum Dresden. Auch die Stadt München, wo die Lok gebaut wurde, habe sich um das Fahrzeug bemüht, hatte aber schließlich gegen Forst das Nachsehen.
Da die gesamte Aktion ziemlich kurzfristig zu Stande kam, suchte die Stadt Forst nach einem provisorischen, aber gleichzeitig auch sicheren Standort für die Lok mit der Betriebs-Nr. 36. Fündig wurde man im Feuerwehrhaus Mitte. Dort wird nun die Jule untergestellt bleiben, bis ein endgültiger Standort gefunden wurde. Stadtbrandmeister Bernd Frommelt: „Hier steht normalerweise das Hubrettungsfahrzeug. Dieses haben wir in eine andere Halle umgesetzt, um Platz für die ‚Jule‘ zu schaffen. Als Forster freue ich mich natürlich wie alle anderen über die Rückkehr. Aber als Feuerwehrchef muss ich die Einsatzbereitschaft gewährleisten und kann nicht ohne Erlaubnis die Fahrzeughalle einfach leer räumen. Die Einsatzbereitschaft der Forster Feuerwehr ist aber durch die jetzige provisorische Variante nicht eingeschränkt!“
Bereits in den frühen Morgenstunden des 27. Juli 2012 erreicht der Konvoi aus Dresden das Gewerbegebiet Forst, wo man zunächst ein paar Stunden wartet, ehe es ins Stadtzentrum weiter geht. Schnell füllt sich der Platz vor dem Gerätehaus der Feuerwehr mit Schaulustigen. Auch Bürgermeister Jürgen Goldschmidt und Landrat Harald Altekrüger sind zur Begrüßung der Heimkehrerin gekommen. Viele Zuschauer sind mit Kameras bestückt und machen Fotos. Ältere Forster, die die Stadteisenbahn noch aus eigenem Erleben kennengelernt haben, fachsimpeln über ihre Erfahrungen. Kinder staunen mit großen Augen über das grüne Ungetüm. Fast scheint es, als freue man sich auf die Rückkehr einer guten Bekannten, die irgendwie auch zur Familie gehört…
Indessen bereiten die Mitarbeiter der DB-Schenker Spezialtransporte das Abladen der Lok vom Tieflader vor. „Wir transportieren eigentlich alles, Großmaschinen, Loks, Panzer. Wir sind es auch gewohnt, dass man uns bei der Arbeit zusieht, insofern ist das nichts Ungewöhnliches heute.“, so ein Mitarbeiter auf Nachfrage.
Präzise werden Behelfsschienen verlegt und gesichert, auf denen wenig später die „Jule“ vom Anhänger in die Fahrzeughalle gezogen werden soll. Zentimeter um Zentimeter geht es voran, immer wieder werden die Schienen korrigiert, damit ja nichts passiert. Gummimatten unter den Schienen schützen den Fußboden vor Kratzern. Der Sattelzug sichert mit einem Stahlseil von hinten die Lok, damit sich diese nicht selbständig macht und Mensch und Material in Gefahr bringt. Eine Kindergruppe bietet spontan Hilfe an und feuert die alte Dame namens „Jule“ kräftig mit lautstarken „Hau-Ruck!“-Rufen an.
Gegen 11.00 Uhr ist es geschafft: Lok Nr. 36 hat ihren vorläufigen Standplatz erreicht. Routiniert werden Keile unter die Räder geschoben, dann besteigt Stadtarchivar Jan Klußmann die Lok und kontrolliert das gute Stück auf Vollständigkeit.
Auch Richard Zerbock, der als Lokführer bei der Forster Stadteisenbahn tätig war, läßt es sich nicht nehmen und steigt zu Klußmann auf die Lok. Für ihn ist es ein ganz besonderer Tag, endlich „seine“ Jule wieder in Forst zu sehen. Sofort erklärt er den noch wenig Umstehenden die Bedienelemente der Lok. Noch immer beherrscht er alle Handgriffe, als hätte es die jahrelange Pause nie gegeben.
Für die Stadt Forst beginnt jetzt die Suche nach einem würdigen Standort. Susanne Joel, Pressesprecherin der Stadt: „Wir werden die Bewohner in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Die Rückführung der ‚Jule‘ konnte zwar mit Unterstützung des Verkehrsmuseums und Sponsoren ziemlich kurzfristig organisiert werden. Aber die Zeit drängt, denn nächstes Jahr stehen mit Rosenschau und Brühl-Jubiläum schon die nächsten Höhepunkte für Forst an. Es wird auf jeden Fall ein Platz sein, wo die ‚Jule“ sicher vor Vandalismus und Schmierereien ist!“
Bis dahin gewährt die Freiwillige Feuerwehr der„Jule“ Asyl im Gerätehaus. „Wir überlegen, ob wir nicht gelegentlich die Tore aufmachen, damit Einwohner und Besucher von Forst die Lok besichtigen können!“ sind sich Susanne Joel und Bernd Frommelt einig.
Forst ist nun um eine Attraktion reicher. Aber mal ehrlich: in Wirklichkeit war die Forster Attraktion nur mal kurz weg und ist endlich in ihre alte Heimat zurückgekehrt.
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