Museumstag in Forst zeigt die „Schwarze Jule“

Im Rahmen des deutschlandweiten Museumstages präsentierten der Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) sowie das Brandenburgische Textilmuseum den Besuchern die einzig verbliebene Lok Nr. 36 der Forster Stadteisenbahn. In diesem Jahr feierte „Schwarze Jule“, wie sie liebevoll im Volksmund genannt wird, ihren 130. Geburtstag.

v.l.n.r.: Kristian Schmidt (Vorsitzender Museumsverein), Bürgermeisterin Simone Taubenek, Rosenkönigin Martyna I., Museumsleiter Jörn Brunotte

„Willkommen zur Geburtstagsparty“ – mit diesen Worten begrüßte Bürgermeisterin Simone Taubenek die anwesenden Gäste. „Und willkommen zur letzten Geburtstagsfeier in dieser Halle! Wenn alles klappt, ziehen wir im nächsten Jahr um ins Textilmuseum und die Jule bekommt einen richtig schönen Platz. Sie kommt dahin, wo sie hingehört!“ Die Stadt Forst (Lausitz) hatte die einmalige Möglichkeit, sehr viel Geld vom Bund für ein denkmalgeschütztes Haus zu bekommen. „Wir haben die Chance genutzt und es war keine falsche Entscheidung!“, ist sich die Bürgermeisterin sicher.

Auch Rosenkönigin Martyna I. freut sich darauf, daß die Forster Stadteisenbahn im neuen Museum eine würdevollen Platz bekommt. Für sie gehört die „Schwarze Jule“ zur Forster Identität und zur Forster Stadtgeschichte.

Erbaut wurde das Ungetüm im Jahr 1893, dem Gründungsjahr der Forster Bahn. Viele Forster sowie Eisenbahn-Liebhaber aus Nah und Fern nahmen den Weg nach Forst, um sich die seltene Gelegenheit der öffentlichen Präsentation der Jule nicht entgehen zu lassen.

Der Forster Museumsverein hat zum 130jährigen Jubiläum der Gründung der Forster Stadteisenbahn eine Festschrift heraus gegeben, die vor Ort käuflich erworben werden konnte. Bis zum Ende der Veranstaltung wurden mehr als die Hälfte der Exemplare verkauft.

Schautafeln mit seltenen Farbaufnahmen der „Jule“ in all ihren Facetten waren in einer kleinen Galerie zu betrachten. Im Sitzungssaal der Freiwilligen Feuerwehr im 1. OG gab es mehrmals Filmvorführungen. Neben dem Trickfilm „Die Bademeusel … Und die Goldene Spindel“ (mit der „Schwarzen Jule“ in einer tragenden Rolle) waren erstmals seltene Amateuraufnahmen der Forster Stadteisenbahn zusehen. Für die Versorgung der Besucher gab es Gegrilltes sowie Kaffee und Kuchen, organisiert von den Männern und Frauen des Museumsvereins. Auch der „Jule“-Trabi der Familie Hermann war wieder unterwegs und drehte seine Runden.

Das Team Museum der Stadt Forst (Lausitz) nutzte den Museumstag und präsentierte den Besuchern zwei restaurierte Bilder des Malers Otto Nagel. Dabei handelt es sich um ein Gemälde sowie eine Pastellzeichnung.

Zufrieden zeigte sich Kristian Schmidt, Vorsitzender des Forster Museumsvereins, mit der Beteiligung. Am Vormittag riss der Besucherstrom kaum ab, am Nachmittag kamen nur noch vereinzelt Besucher.

Wer sich überhaupt nicht blicken ließ, waren die Stadtverordneten, womit sich wieder einmal das geringe Interesse seitens der Stadtverordneten für dieses Unikat der Forster Industriegeschichte und das ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement zeigt.

Die Festschrift ist im Online-Shop des Forster Museumsvereins erhältlich.

Das neue Museum kommt…

… und damit endlich auch ein ordnungsgemäßer Platz zum Präsentieren der einzig verbliebenen Lok 36 der Forster Stadteisenbahn.

Mit einer groß angelegten Werbekampagne soll Lust auf das neue Museum gemacht werden! „Das neue Museum kommt!“ – so lautet der Slogan, der durch den Hinweis „mehr Ausstellungsfläche, mehr Themen, mehr Forst (Lausitz)“ ergänzt wird.
Zwar ist es bis zur offiziellen Eröffnung noch ein Weilchen hin (geplant ist der 3. Oktober 2025), doch schon jetzt weisen Plakate im Forster Stadtgebiet auf das Kommende hin.

Die farblich unterschiedlichen Motive machen neugierig auf die zukünftigen Ausstellungsthemen. Ein Plakat widmet sich der „Jule“ und zeigt einen Blick in die Werkstatt.

Nur noch gut 400 Meter…

… bis zum endgültigen Standplatz des gedeckten Güterwaggons der „Schwarzen Jule“!

Erneut mußte der gedeckte Güterwagen umgesetzt werden. Durch einen Eigentümerwechsel am bisherigen Standort in der Virchowstraße konnte der Waggon dort nicht länger verbleiben. Und da die zukünftige neue Lokhalle auf dem Gelände des Textilmuseums noch nicht fertig ist, mußte erneut nach einem Standpatz gesucht werden.

Fündig wurde man in der Gründer- und Traumfabrik von Anett Dörl in der Max-Fritz-Hammer-Straße. Hier auf dem Gelände steht bereits ein offener Waggon (in Anlehnung an einen offenen Waggon der Forster Stadteisenbahn).

Von hier ist es nur noch ein Katzensprung bis zum endgültigen Standort im zukünftigen Museum.

Die Eröffnung des neuen Museums ist für 2025 geplant. Dann soll die einzig verbliebene „Schwarze Jule“ zusammen mit dem gedeckten Güterwagen in einem eigenständigen Ausstellungsbereich der Öffentlichkeit präsentiert werden.

alle Fotos: (c) Frank Junge

 

Schienenreste der „Schwarzen Jule“ freigelegt

Mit Schaufel, Schubkarre und Besen bewaffnet legten Mitglieder des Forster Museumsvereins bei einem Arbeitseinsatz Schienenreste der „Schwarzen Jule“ auf etwa 9,80 Meter Länge frei. Diese Reste befinden sich auf dem Hof der ehemaligen Doppelfabrik Noack/Bergami.

Das Stückchen Gleis endet direkt vor dem Produktionsgebäude der Bergami-Fabrik. Mit der Aktion sollte herausgefunden werden, wie lang das Gleis eigentlich ist und ob es ursprünglich in das Gebäude hineingeführt hatte.

Ein weiteres Stück Gleis liegt vor der ehemaligen Mensa der Tuchfabrik Noack.

Die Freisetzung der Schienenreste diente auch einer möglichen Umsetzung des gedeckten Waggons auf das Gelände der Traumfabrik. Dieser wartet derzeit auf einem privaten Firmengelände auf seine endültige Umsetzung ins neue Textilmuseum.

Pressespiegel: „Luxemburger Wort“ vom 3. März 1896

Das „Luxemburger Wort“ veröffentlichte am 3. März 1896 eine wahre Lobeshymne zur Entwicklung der Stadt Forst und zu der Einrichtung der Forster Stadteisenbahn.
Aber lesen Sie selbst.

Eine Idee zur Lösung der Bahnhoffrage.

Wenn ein Ort im Deutschen Reich durch eigene Kraft, unerschütterliche Arbeitsfreudigkeit seiner Bewohner und nimmer ruhenden Fleiß groß geworden ist, so ist es Forst in der Lausitz. Es ist noch nicht allzulange her, etwa 50 Jahre, da hatte die Stadt nur 2000-3000 Einwohner, unter welchen die meisten Tuchmacherei betrieben. Mit amerikanischer Schnelligkeit ist Forst gewachsen. Die Schnelligkeit mit der dieselbe groß geworden ist, läßt es erklärlich erscheinen, daß die Ausdehnung der Forster Industrie nicht so bekannt ist, als es dieselbe verdient. Noch vor ein paar Jahren fragte ein von der Regierung entsandter höherer Beamter einen Vertreter des Magistrats, ob Forst 4 oder 5000 Einwohner hätte; dabei war die Stadt auf die stattliche Zahl von 20.000 gestiegen, während sie nach der letzten Volkszählung 1895 mit den angrenzenden Ortschaften ca. 33.000, der Stadtbezirk allein 25,630 Personen aufwies. Wenn man die Verhältnisse bedenkt, unter welchen die Stadt groß geworden ist, so muß man sich um so mehr wundern, wie es möglich war, in verhältnismäßig kurzer Zeit das zu erreichen, was erreicht worden ist. Forst ist kein Eisenbahnknotenpunkt, es liegt an der Linie Halle-Sorau-Guben, und schon das Bahnhofsgebäude beweist, daß man bei Anlage desselben nicht geahnt hat, mit welchen Riesenschritten die Stadt vorwärts schreiten würde; es ist für die heutigen Verhältnisse völlig unzureichend. Außerdem ist die Station der Endpunkt der Sekundärbahn Forst-Weißwasser.
Eine eigenartige und vorzüglich angelegte Beförderungsanlage ist die Forster Stadtbahn, welche viele Straßen durchfährt und die Staatseisenbahnwagen mit ihren Frachten direkt in die verschiedenen Fabrikhöfe bringt. Diese interessante Anlage sei von uns etwas näher betrachtet, um so mehr, als eine ähnliche, in Deutschland wenigstens, unseres Wissens nicht existiert, und da sie durch ihre Zweckmäßigkeit wohl als Muster für ähnliche Unternehmen gelten kann.
Die Forster Stadteisenbahn ist eine mit Lokomotiven betriebene Schmalspurbahn von 1 Meter Spurweite und angelegt zu dem besagten Zwecke, ohne vorherige Umladung die auf dem Hauptbahnhof ankommenden oder abgehenden Hauptbahnwaggons zu oder von den einzelnen Fabriketablissements zu befördern.
Es ist ein ganz eigenartiger Anblick, die schwer beladenen Frachtwaggons, die durch eine sinnreiche Vorrichtung in wenigen Minuten auf die schmalspurigen Truks gestellt werden, durch die Stadt fahren zu sehen, gezogen von einer schnaufenden Lokomotive. Die Anlage ist von der Münchener Lokalbahn-Aktiengesellschaft hergestellt unter Leitung des Regierungs-Baumeisters Schweitzer, und funktioniert vorzüglich. Unfälle sind fast niemals zu verzeichnen. In erster Linie war zu dieser Bahn durch die Hunderte von Kohlentransporten Anregung gegeben, welche durch Gespanne fast nicht zu bewältigen waren.
Im jetzt abgelaufenen Jahr 1895 ist wieder ein ganz bedeutender Aufschwung bemerkbar geworden, und das Wachsthum der Stadt wie der Fabrikation dauert zur Zeit ununterbrochen fort.
Es würde zu weit führen, wollten wir die Einzelheiten der Forster Fabrikation eingehen, es genüge für diesmal eine übersichtliche Zusammenstellung der verschiedenen (verbürgten) Zahlen. Nicht weniger als 119 mächtige Fabrikgebäude erheben sich im Weichbilde der Stadt, und bei einer Bahnfahrt gewahrt man schon von Weitem die Wahrzeichen derselben, die unzähligen hohen rauchenden Schlote. Von diesen Fabrikgebäuden dienen 112 der Buckskin-Fabrikation, 109 werden durch Dampfkraft, 3 mit Wasserkraft getrieben; außerdem arbeiten noch 170 Fabrikanten in gepachteten Räumen, so daß die Zahl der Tuchfabrikanten 282 beträgt. Diese lassen zusammen 3500 mechanische Webstühle arbeiten, außerdem sind noch 42 Handwebestühle im Gange.

Wir machen unsere Behörden auf die äußerst praktische Einrichtung aufmerksam und laden sie ein, eventuell eine Commission zur Besichtigung nach Forst in L. zu schicken. Vielleicht käme man auf diese Weise zu einer befriedigenden Lösung für unsere hauptstädtischen Verhältnisse.

Faszination Fabrikruinen – die Forster Industriekultur im RBB-Fernsehen

Im Rahmen seines großen, multimedialen Projektes „Industrie.Kultur.Brandenburg“ geht der rbb in Fernsehen, Radio und Online auf Spurensuche, erzählt die Geschichten von Industrie-Standorten und spricht mit den Menschen, die heute dort leben und arbeiten.

Am 31. Mai 2021 lief innerhalb der Reihe die Dokumentation „Faszination Fabrikruinen“ mit Schwerpunkt Forster Industriekultur. Zu sehen sind auch Sequenzen zum Thema „Schwarze Jule“.

In der RBB-Mediathek ist die Doku bis 30. Juli 2022 zu sehen.

https://www.rbb-online.de/rbbkultur-magazin/reportagen/faszination-fabrikruinen-rbb-reportage-von-wolfgang-albus.html

Zu Besuch bei der älteren „Jule-Schwester“ in Wien

Ein Gastbeitrag von Frank Henschel

Zu den wenigen noch erhaltenen Kastenloks der Firma Krauss gehört die Lok 11 der früheren Dampftramway Krauss & Comp. in Wien.
Eingebettet in eine hervorragend aufgebaute Präsentation der Wiener Straßenbahn-Geschichte, ist das Schmuckstück gleich am Beginn der Ausstellung zu bewundern.

In Forst Lausitz wurden die Krauss-Kastenloks bis auf ganz wenige Ausnahmen ausschließlich für den Warentransport eingesetzt. In Wien dagegen waren die Loks rund 40 Jahre für den Personentransport tätig. Sie wurden dann von den elektrischen Straßenbahnen abgelöst.
Die Lok 11 diente später noch als Werksbahn und kam im Weiteren noch ab und an als historischer „Hingucker“ zum Fahreinsatz. 1978 wurde sie außer Dienst gestellt.

Copyright für alle Fotos: Frank Henschel