Die Bewahrer der „Schwarzen Jule“ machen sich Gedanken über eine ansprechende Präsentation der Exponate

Welche Rolle spielt die „Schwarze Jule“ im neuen Ausstellungskonzept des zukünftigen Museums? Wie können die vorhandenen Großexponate die Geschichte der Forster Stadteisenbahn ansprechend präsentieren? Diese und weitere Fragen beschäftigen derzeit die Mitglieder des Forster Museumsvereins und der im Verein integrierten Arbeitsgruppe „Forster Stadteisenbahn“.

„Es wäre schön, wenn die Arbeitsgemeinschaft ‚Schwarze Jule‘ ihre Arbeit fortsetzen würde!“, bat Kristian Schmidt, Vorsitzender des Forster Museumsvereins in seinem Rechenschaftsbericht zur Mitgliederversammlung 2020. Seit den großen Feierlichkeiten zum 125jährigen Jubiläum 2018 ist es tatsächlich etwas ruhiger geworden um die Arbeitsgruppe, die sich die Erforschung der Geschichte der Forster Stadteisenbahn auf die Fahnen geschrieben hat.

Dabei kann die Arbeitsgruppe unter Obhut des Museumsvereins durchaus einige Erfolge verzeichnen. Im März 2017 fanden sich Heimatforscher, Geschichtsinteressierte und „Jule“-Fans zusammen, um Ideen und Vorschläge für eine fachlich fundierte Aufarbeitung der Betriebsabläufe der Stadteisenbahn zu sammeln. Hauptaugenmerk war damals die Vorbereitung des Doppeljubiläums „125 Jahre Forster Stadteisenbahn“ und der 125. „Geburtstag“ der einzigen noch im Original erhaltenen Lok, Baujahr 1893.

Zum Aktionstag des 125jährigen Jubiläums präsentierte der Museumsverein als kleine Attraktion einen auf Rollböcken aufgesetzten gedeckten Güterwaggon, der auf dem Museumshof das Prinzip der Rollbock-Technologie veranschaulichen soll. Dieser gedeckte Güterwagen wurde zuvor von Mitgliedern des Museumsvereins in Eigenleistung aufgearbeitet.

Im Zuge der bevorstehenden Umbaumaßnahmen im Textilmuseum wurde der Wagen, der Eigentum des Museumsvereins ist, mittlerweile umgesetzt, um Platz für die Baumaßnahmen zu machen. Nach der Wiedereröffnung des Museums soll der Waggon als Leihgabe zusammen mit der erhalten gebliebenen Lok Nr. 36 im Ausstellungsbereich zur Geschichte der Forster Stadteisenbahn präsentiert werden – trotz geänderter Rahmenbedingungen beim zukünftig zur Verfügung stehenden Platz auf dem Museumshof. Der geplante Lokschuppen muß etwas in den Museumshof versetzt werden muß. Die ursprünglich konzipierte Halle wäre ansonsten zu dicht an der Grenze zum Nachbargrundstück gebaut und der geforderte 3-Meter-Mindestabstand zum Nachbarn nicht eingehalten. Ein zweites Gleis auf dem Museumshof ist zwar weiterhin eingeplant, ob der offene Waggon im Außenbereich ausgestellt wird, ist eher fraglich. Die Neueröffnung des Museums ist für 2024 anvisiert.

Der zweite historische Güterwagen wartet bereits seit 2018 auf seine neue Bestimmung. Dieser ebenfalls vom Museumsverein angeschaffte und aufgearbeitete offene Meterspurwagen nähert sich an historische Vorbilder solcher Meterspurwagen – so wie sie bei der Forster Stadteisenbahn im Einsatz waren – an.

Der Museumsverein sucht nun nach anderen geeigneten Möglichkeiten, den offenen Waggon prominent zu präsentieren. Hier deutet sich – auch durch Vermittlung von Mitgliedern der AG „Jule“ – eine Lösung an.

Inhaberin Annett Dörl würde gerne in ihrer „Gründer- und Traumfabrik“ in der Planckstraße in unmittelbarer Nähe zum Museumsstandort den Wagen ausstellen. Bei Ausästungsarbeiten kamen auf dem ehemaligen Tufa-Betriebsgelände ein paar wenige Meter Gleis der Forster Stadteisenbahn zum Vorschein, die unbedingt erhalten werden sollen. „Hier, an einem Originalschauplatz, der früher auch von der ‚Jule‘ angefahren wurde, würde der Waggon wunderbar hinpassen!“!, wünscht sich die Unternehmerin, die auf ihrem Gelände u.a. auch Fototouren anbietet und den Waggon als besondere Kulisse sieht. Über den Vorschlag wird nun der Vorstand des Museumsvereins beraten.

Ein weiteres Ausstellungsstück für die Präsentation der „Schwarzen Jule“

Trotz immer wiederkehrender Diskussionen in der Forster Bürgerschaft über die Bedeutung der ehemaligen Forster Stadteisenbahn und damit verbunden einer gewissen Ignoranz gegenüber einer sach- und fachgerechten Präsentation der Bahn läßt sich der Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) nicht davon abhalten, immer wieder an den zeitgeschichtlichen Wert und die deutschlandweite Einmaligkeit der Stadteisenbahn zu erinnern und für nachfolgende Generationen zu bewahren. .

Am vergangenen Freitag wurde bei einer kleinen Einweihungsfeier ein weiteres Puzzlestück hinzugefügt. Ein Meterspurwagen der ehemaligen Meißner Straßenbahn, hergestellt zwischen 1905-1907 von der Firma Hoffmann in Breslau, wurde in den vergangenen Monaten rekonstruiert und nun fertiggestellt. Die Grundsubstanz dieses historischen Güterwagens ließ eine geschichtliche Wiederherstellung durch Annäherung an historische Vorbilder solcher Meterspurwagen zu, wie sie auch bei der Forster Stadteisenbahn im Einsatz waren. 1965, zur Abschiedsfahrt der im Volksmund „Schwarze Jule“ genannten Stadteisenbahn, wurden z.B. diese Art von Güterwagen mit Sitzbänken versehen, auf denen Mitarbeiter der Stadteisenbahn Platz nahmen und anschließend durch die Innenstadt gefahren wurden.

Durch einen Ringtausch konnte der Museumsverein 2018 diesen Waggon erwerben. Zuvor war der Wagen von 1941 bis 2009 auf der Nordseeinsel Langeoog im Einsatz. Um den Kauf und die Rekonstruktion finanzieren zu können, wurde bei der Lokalen Aktionsgruppe Spree-Neiße e.V., die regionale kleinere Initiativen unterstützt, ein Förderantrag gestellt. Mit 4059,12 Euro, was 80% der Gesamtkosten deckt, wurde die Rekonstruktion gefördert. Die restlichen 20% wurden durch Eigenleistungen von Mitgliedern des Museumsvereins erbracht. So kamen 130 Arbeitsstunden für das Entrosten, Streichen, Isolieren, Montagearbeiten oder Einachsen zusammen. Auch für die Aufarbeitung der 4 Federpakete des Waggons in der tschechischen Dampflok-Werkstatt Żamberk übernahm der Museumsverein bare Eigenleistungen. Mit Spezialarbeiten wie Metall- und Holzbau sowie dem Transport der Radsätze wurden regionale Firmen aus Forst (Lausitz), Vetschau und Simmersdorf beauftragt. Kristian Schmidt, Vorsitzender des Museumsvereins, dankte allen beteiligten Firmen und Einzelpersonen für die in den vergangenen Wochen geleistete Arbeit.

Bis zum Umzug zum endgültigen Stellplatz auf dem Hof des Brandenburgischen Textilmuseums, wo nach dem Umbau des Museums die einzige verbliebene Lok Nr. 36 zusammen mit dem bereits auf Rollböcken aufgebockten Waggon und dem neuen Meterspurwagen denkmalgerecht präsentiert werden sollen, verbleibt der rekonstruierte Wagen auf dem Betriebsgelände der Forster Firma mebra,

Forst feiert seine „Schwarze Jule“

„Ihr habt heute eine tolle Show gemacht!“, lobte Christian Menzel, akademischer Mitarbeiter im Lehrstuhl Eisenbahnwesen an der BTU Cottbus und erklärter Liebhaber der Forster Stadteisenbahn, am späten Abend die Organisatoren vom Museumsverein Forst (Lausitz) für die vorangegangenen Stunden. Anlässlich des 125jährigen Jubiläums der Gründung der Forster Stadteisenbahn, im Volksmund manchmal liebevoll, manchmal ehrfürchtig „Schwarze Jule“ genannt, gab es einen zweigeteilten Aktionstag im Forster Stadtgebiet.

Eröffnet wurde das Fest Punkt 11:00 Uhr in der Halle des Feuerwehrgerätehauses Mitte. Hier steht das einzig verbliebene Objekt der Begierde vieler Eisenbahn-Fans, Historiker, Technik-Freaks und natürlich auch der Forster – die Original-Lok der Stadteisenbahn mit der Betriebsnummer 36. Erbaut wurde das Ungetüm im Jahr 1893, dem Gründungsjahr der Forster Bahn.

In Anwesenheit der Forster Bürgermeisterin Simone Taubenek und der Forster Rosenkönigin Jessica I. begrüßte Kristian Schmidt, Vereinsvorsitzender des Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz), zahlreiche Forster und Gäste der Stadt. Viele Eisenbahn-Liebhaber aus Nah und Fern nahmen den Weg nach Forst, um sich die seltene Gelegenheit der öffentlichen Präsentation der Jule nicht entgehen zu lassen. „Ich appelliere an die Forster Stadtverordneten, ihren Beschluss aus dem Jahre 2016 schnellstmöglich umzusetzen, damit dieses Provisorium ein Ende hat“, so Schmidt in seiner kurzen Begrüßungsrede. Die Lok ist nur eine Leihgabe des Dresdner Verkehrsmuseums, befristet auf zunächst 15 Jahre mit der Vereinbarung, die Lok einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Von diesen 15 Jahren sind bereits 6 Jahre ins Land gegangen, ohne dass sich an der Ausgangslage etwas geändert habe.
Auch Simone Taubenek stieß in ihren Grußworten in die gleiche Kerbe und will sich dafür stark machen, dass die Jule endlich einen würdigen Platz für eine ständige Präsentation bekommt. Dazu möchte sie auch das Land Brandenburg und den Bund ins Boot holen. „Die Jule ist eine Bereicherung für die Region und könnte ein Anziehungsmagnet für die Stadt werden.“, so Taubenek.

Spontan meldete sich Sven Bracke, Kustos im Verkehrsmuseum Dresden, zu Wort: „Wir als Eigentümer der Lok sind offen für neue Gespräche, falls der Zeitplan der Umsetzung nicht ganz eingehalten werden kann. Uns ist es jedoch wichtig, dass die Lok einen sicheren Standort bekommt, wo sie trocken und vor Schäden geschützt untergebracht wird!“. Applaus von den anwesenden Zuhörern brandete auf für diese frohe Nachricht.

Natürlich gab es auch Geschenke für das Geburtstagskind. Christian Menzel überreichte an Kristian Schmidt eine originalgetreue Heizerschaufel, wie sie bei der Forster Stadteisenbahn im Einsatz war. Jessica I. befestigte einen Blumengruß an der 125 Jahre alten Lok.

Bevor das grüne Schmuckstück endlich von den Besuchern in Besitz genommen werden konnte, sang der Chor des DRK-Kreisverbandes Forst Spree-Neiße unter der Leitung von Manfred Meier das von ihm komponierte „Lied der schwarzen Jule“.

Dann endlich war es soweit und die Gäste durften „ihre“ Lok Nr. 36 in Augenschein nehmen.

Am Nachmittag verlagerte sich das Geschehen ins Brandenburgische Textilmuseum. Auf dem Hof des Museums hatte der Verein die erste Überraschung vorbereitet: Jessica I. und die Showgruppe „Ravenchild“ in ihren endzeitlich anmutenden Kostümen enthüllten gemeinsam einen Waggon, der auf Rollböcke aufgesetzt ist. Eindrucksvoll und verständlich lässt sich so das Prinzip der Rollbock-Technologie veranschaulichen.

Im Treppenhaus des Museums warteten unterdessen die ersten Besucher auf die Eröffnung der neuen Sonderausstellung „125 Jahre Forster Stadteisenbahn“. Gezeigt werden neben Schautafeln mit vielen Fotos, Gleisplänen und den Vorschlägen zum Aus- bzw. Umbau des Museum auch Original-Zubehör wie eine Signalglocke oder die große Bahnhofsuhr. Hingucker besonders für die kleinen Besucher sind die Modellbahnanlagen. Besonders der Nachbau des ehemaligen Stadtbahnhofes zog die Blicke auf sich. „Bis kurz vor Ausstellungsbeginn haben wir noch an den Modellen gewerkelt, damit es authentisch aussieht“, so Volker Böhme vom Modellbahnclub Forst.

Besonders groß war der Andrang für die Premiere des Filmes „Die Schwarze Jule – eine Eisenbahnlegende aus Forschte“. Nicht alle Zuschauer fanden in dem kleinen zum Kinosaal umgerüsteten Raum einen Platz.
Kristian Schmidt würdigte in einer kurzen Ansprache die Beteiligten des Filmprojektes. Einzeln wurden die Filmemacher nach vorn gerufen und erhielten als kleine Erinnerung und als Dankeschön eine Holz-Tafel mit einem darauf befestigten Original-Schienenstück. Aus den Händen der Rosenkönigin gab es einen Beutel voller Präsente, natürlich auch mit der DVD zum Film.

Viel Lob von den Zuschauern gab es nach der Premiere. „Der Film ist einmalig schön“, hörten die Filmemacher nach der Vorführung immer wieder. Viele bedankten sich auch dafür, dass die Geschichte der Jule für die nachfolgenden Generationen filmisch aufgearbeitet und somit konserviert wurde.
Am Verkaufsstand auf dem Museumshof gab es im Anschluss an die Filmpremiere die DVD käuflich zu erwerben. Einige Besucher kauften gleich mehrere Exemplare für Familienmitglieder und Freunde, die nicht mehr in Forst wohnen, dennoch immer noch eine Bindung zu ihrer Heimatstadt haben. Auch ein großformatiger Wandkalender für 2019 sowie Postkarten mit Sonderstempel fanden reißenden Absatz.
Auf Grund der großen Nachfrage wurde der Film noch zwei weitere Male gezeigt.

Sehr zufrieden mit der Resonanz zeigte sich am Abend Museumsvereinschef Kristian Schmidt. „Ich denke, es war ein gelungener Aktionstag mit vielen Höhepunkten. Der Zuspruch und das Lob der vielen Gäste freut uns natürlich sehr. Nur leider haben wir keinen unserer Stadtverordneten unter den Besuchern entdecken können.“, bedauert Schmidt das geringe Interesse seitens der Abgeordneten für dieses Unikat der Forster Industriegeschichte, mit dem man deutschlandweit für Aufmerksamkeit sorgen könnte, wenn man wirklich hinter der Sache stehen würde.

Impressionen vom Aktionstag

Bereits am kommenden Donnerstag finden die Jubiläumsfeierlichkeiten ihre Fortsetzung. Beim Forster Geschichtsstammtisch auf dem Stadtbahnhof in der Karl-Liebknecht-Straße gibt es dann viel Wissenswertes über das historisch bedeutsame Gebäudeensemble zu erfahren. Beginn ist um 18:00 Uhr, der Eintritt ist frei.